Kooperationsformen zwischen Lehrkräften
(z.B. Regelschullehrkraft und Sonderschullehrkraft)

Bei der Kooperation zwischen  Pädagogen (Lehrkräfte, Sozialpädagogen, Erzieher, Studierende, Praktikanten,...) an Schulen kann es immer wieder zu Reibungspunkten kommen. Zum Beispiel in der Integration ist die gute Zusammenarbeit in den häufig zufällig zusammengesetzten Teams oft gerade am Anfang mit vielen Schwierigkeiten und Fragezeichen behaftet. Regel- und Sonderschullehrer treffen mit teilweise unterschiedlichen Blickwinkeln und Vorstellungen aufeinander und müssen nun gemeinsam versuchen, einen kindgerechten und qualitativ hochwertigen Unterricht zu planen und durchzuführen. Immer wieder kommt es vor, dass dabei Teampartner ihre Vorstellungen nicht auf einen Nenner bringen können und dadurch ihre Zusammenarbeit behindert wird oder die Teams sogar auseinander brechen.

Die Qualität des gemeinsamen Unterrichts ist neben anderen Einflussfaktoren stark von der Zusammenarbeit innerhalb der Teams abhängig. Was sich so selbstverständlich anhört, erweist sich in der Praxis oft als entscheidendes Problem.
Vorurteile, Unsicherheiten und Ängste bei den einzelnen Teampartnern können oft schon im Vorfeld vermieden oder zumindest reduziert werden, wenn ein größeres Wissen um kooperativen Unterricht und Teamprozesse vorhanden ist.

Mit den Qualitäten der Kommunikation sind die Qualitäten der Kooperation eng verknüpft:

  • Maßnahmen und Initiativen können getrennt durchgeführt werden ohne die Bitte um Rückmeldung oder Unterstützung; Planungen werden nicht offen gelegt (co- activity).
  • Allgemeine Zielsetzungen werden abgesprochen, wobei aber auf grundsätzliche Einigungsprozesse verzichtet wird (cooperation).
  • Auf der Basis eines wachsenden Vertrauens werden klare Absprachen getroffen und Aktivitäten werden gemeinsam durchgeführt. Ein Rollentausch ist hierbei jedoch noch nicht möglich (coordination).
  • Eine grundlegende Übereinstimmung in Bezug auf Ziele und Werte liegt vor, wobei sich die Partner ein großes Maß an gegenseitigem Vertrauen und Respekt entgegenbringen. Die individuellen Fähigkeiten werden durch die Partner flexibel eingebracht, ein situationsabhängiger Rollentausch erfolgt und in Hinblick auf die Führung findet ein Übernehmen und Übergeben statt (collaboration).
                                                                                                                                
    in Anlehnung an Lütje-Klose (1999)
     

Kooperationsformen im gemeinsamen Unterricht

1.

Lehrer und Beobachter:
Eine der Lehrkräfte übernimmt die primäre Unterrichtsverantwortung und die andere Lehrkraft beobachtet. Für diagnostische Informationen über z. B. Lehrstil oder Schüler gut geeignet.

2.

Lehrer und Helfer:
Eine der beiden Lehrkräfte übernimmt die Unterrichtsverantwortung und Führung, die andere unterstützt die Schüler bei ihrer Arbeit, schreitet bei Unterrichtsstörungen ein und unterstützt Schüler bei diversen anderen Tätigkeiten.

3.

Stationsunterricht:
Der Unterrichtsinhalt wird auf zwei Stationen aufgeteilt. Es werden Gruppen gebildet, die von einer Lehrkraft  zur anderen wechseln, alle Schüler werden nacheinander von beiden Lehrkräften unterrichtet.

4.

Parallelunterricht:
Jede Lehrkraft unterrichtet eine Klassenhälfte, beide beziehen sich auf die selben Inhalte.

5.

Niveaudifferenzierter Unterricht:
Eine Lehrkraft unterrichtet eine Gruppe von Schülern, die den Unterrichtsstoff auf einem mittleren Niveau  bewältigen kann, die andere arbeitet mit denjenigen, die auf einem anderen Leistungsniveau stehen (höher oder niedriger).

6.

Niveaudifferenzierter Förderunterricht:
Eine Lehrkraft führt die Unterrichtsstunde durch; die andere bietet zusätzliches Material und differenzierte Hilfen für schwächere Schüler an. Oft Aufteilung in Untergruppen, gelegentlich mit räumlicher Trennung.

7.

Teamteaching:
Regelschullehrkraft und Sonderschullehrkraft führen den Unterricht mit allen Schülern gemeinsam durch, indem sie gemeinsam oder abwechselnd die Führung und die oben genannten Punkte übernehmen.
                                                                                                                         in Anlehnung an Wocken (1988)

Phasen der Teamentwicklung

Ein funktionierendes Team besteht oft nicht von Anfang an. Die Teampartner stehen vor der Aufgabe ihre eigene Teamkultur zu entwickeln. Die Phasen sind hier idealtypisch dargestellt.

1. Phase der Konstituierung
Die meisten Teampartner gehen mit viel Optimismus und Engagement an die neue Aufgabe heran. Sie investieren viel Zeit, um den Unterricht gemeinsam zu planen. Die eigenen Bedürfnisse werden diesem Ziel untergeordnet.

2. Phase der Klärung
Langsam lernen sich die Teampartner besser kennen. Unterdrückte Wünsche und Vorstellungen werden nun geäußert. Die Lehrer grenzen sich nun deutlicher voneinander ab. Es kann zu Meinungsverschiedenheiten, Enttäuschung und Streit kommen.

3. Phase der Konstruktion
Die Auseinandersetzungen im Team haben die Teampartner einander aber auch näher gebracht. Meinungsverschiedenheiten werden nicht mehr als Bedrohung empfunden, sondern können nun konstruktiv genutzt werden. Die Verschiedenheit der Lehrer wird als Potential erkannt. In dieser Zeit entwickelt sich das pädagogische Konzept des Teams als tragfähige Grundlage ihrer Zusammenarbeit.

4. Phase der Kontinuität
Die Zeit der Konflikte ist nun vorbei. Das Team arbeitet routiniert und die Zusammenarbeit wird in dieser Phase als entlastend empfunden

in Anlehnung an Wocken (1991)
 

Folgende Punkte sollten bei einem gemeinsamen pädagogischen Konzept berücksichtigt werden:

1. Didaktische Fragen:
Da die Arbeit der Pädagogen wesentlich von ihrer Persönlichkeit geprägt wird, bestimmen ihre pädagogischen Grundhaltungen und Wertvorstellungen ihren Unterricht wesentlich mit. Um in didaktischen Fragen zu gemeinsamen Vorstellungen zu kommen, müssen die Teampartner ihre eigenen Haltungen reflektieren. Dabei geht es nicht nur um die klassische didaktische Frage nach den Inhalten und Zielen des Unterrichts, sondern vor allem um die pädagogischen Philosophien, die das pädagogischen Handeln der Lehrkräfte leiten.

Es sollte versucht werden offen über die Einstellungen zu sprechen und seinem Teampartner zu vertrauen.

2. Methodische Fragen:
Sind Inhalte und Ziele des Unterrichts bestimmt, muss eine Entscheidung über die Mittel und Wege getroffen und die Aufgaben verteilt werden. Insbesondere stellt sich die Frage, wie die Heterogenität der Schüler bewältigt werden soll. Hier zeigt sich der unlösbare Konflikt zwischen Orientierung an der Klasse und Orientierung am Einzelnen besonders deutlich. In vielen Integrationsklassen ist folgender Lösungsversuch zu beobachten:

Der Klassenlehrer übernimmt den Unterricht für die gesamte Klasse, während der Sonderschullehrer einzelne Schüler unterstützt. Bei dieser Aufgabenverteilung könnte der Sonderschullehrer allerdings zu der Überzeugung gelangen, dass der Unterricht seines Teampartners die Bedürfnisse der schwächeren Schüler nicht berücksichtigt. Dieser fühlt sich nun seinerseits ungerecht behandelt, hat er doch alles ihr mögliche getan, um alle Kinder einzubeziehen. In diesem Fall kann das Kooperationsproblem durch das Problem der Heterogenität der Schüler erklärt werden. Diese Form des funktionsteiligen Unterrichts hat aber noch einen entscheidenden Nachteil: Er unterstützt den Aufbau hierarchischer Strukturen im Team, die häufig zu Problemen auf der Beziehungsebene führen. Obwohl der Rollentausch oft angstbesetzt ist, scheint er hier das einzige Mittel zu sein, diesem Problem vorzubeugen.

Die Teampartner sollten im gemeinsamen Gespräch ein pädagogisches Konzept entwerfen, das zu ihnen und ihrer Unterrichtssituation passt. Leitfragen könnten dabei sein:

  • Wie wollen wir das Team nutzen?
  • Wer übernimmt für welche Unterrichtsanteile Verantwortung?
  • Welche Unterrichtsmethoden und Sozialformen setzen wir ein?
  • In welchem Umfang wird differenziert gearbeitet?
  • Welche Regeln und Rituale führen wir ein?

Nur durch die gemeinsame Auseinandersetzung über das pädagogische Konzept ist eine Bewältigung der Probleme und somit eine gemeinsame Arbeit möglich.

                                                                                                                                      
in Anlehnung an Wocken (1988)

 

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